Mal eine Schicht in der Chirurgie am 4.11.2010 und 5.11.2010

Mal eine Schicht in der Chirurgie am 4.11.2010 und 5.11.2010 Ich bin ja jetzt schon seit etwa zwei Wochen formell in der Chirurgie. Unit 4. Jeden Donnerstag hat die Unit dann ihren Intake, was so viel bedeutet, wie Schicht schieben für 24h und mehr. Ich habe schon zwei Chirurgie-Schichten hinter mir und muss sagen, dass sie vom Adrenalin her nicht so spannend sind, wie in der Traumatologie.

Dennoch gibt es auch regelmäßig hier Notfälle. Aufgenommen sollen natürlich auch nur die Notfälle. Mit einfachen (Grad I, II) Hämorrhoiden wird man nicht in das Krankenhaus aufgenommen, sondern als Outpatient-Patient dann zum passenden Tag vertröstet. So auch mit einigen anderen nicht akuten Fällen. Aber wenn dann, wie in dieser Nacht, beispielsweise zwei Patienten mit Bluterbrechen und Melena nach rektaler Untersuchung aufkreuzen, läuten dann auch mal die Alarmglocken bei den Chirurgen. Oder eine Appendizitis, die sich als akutes Abdomen zeigt (brettharter Bauch, Perforationsgefahr, Infektionsgefahr etc). Ich habe nur diesmal etwas von einer Appendizitis mitbekommen. Nebenan in der Traumatologie, war es ebenfalls nicht sehr spannend, sodass ich mich getrost auf die ganzen Patienten in der Chirurgie konzentrieren konnte, ohne unter akutem Futterneid zu stehen.

Um Mitternacht wurden wir von Schwestern aus der chirurgischen Station angerufen. Einer der aufgenommenen Patienten muss reaniminiert werden auf Station. Der Intern und ich haben nur gehofft, dass es keiner „unserer“ Patienten war. Und das war er auch nicht. Wir sind zur Station gesprintet, ein etwa 3-Minuten Sprint. Das Bara ist ein recht großes Krankenhaus. Angekommen hatte ich gleich das Gefühl, dass die versammelten Schwestern uns ein „Gefallen“ tun, dass sie den Patienten reaniminieren. Die Herzmassage war katastrophal, ich weiss gar nicht, ob sie jemals einen erste Hilfe Kurs gemacht haben. Wir haben uns dann sofort auf den Patienten gestürzt und mussten feststellen, dass nichts funktionierte. Die Atemmaske hat geleckt und den Schwestern hat es nicht interessiert. Das Suction (Sauger) funktionierte nicht und so konnte man in jeder Beatmung schön das Aspirat rascheln hören in den Lungen des Patienten. Ein Laryngoskop stand nicht zu Verfügung, ebenso hat es gedauert, bis das Adrenalin seinen Weg zum Patienten gefunden hat. Es war schlimm, eine Reanimation auf dieser Station so gut wie unmöglich. Nirgends ein Brett zu fassen, dass man unter den Patienten schieben kann, damit man auch ordentlich die Herzdruckmassage ausführen kann. Nach 10 Minuten und mehrer Dosen Adrenalin, haben wir es dann beim Beisein eines Oberarztes aufgegeben. Der Patient war tot. So wie ich es verstand, wegen oberer Gastrointestinaler Blutungen verstorben. Eigentlich hätte er, bevor er überhaupt auf Station kommt, eine Gastroskopie bekommen müssen. Aber ich habe es selber mal gesehen, der Zustand der Gastroskope, falls sie überhaupt mal funktionieren, ist katastrophal.

Ein anderer Patient war mal was anderes. Der Kerl hat zirka 6 Stunden im SPIT verbracht. Ein anderer Intern hat ihn gesehen und ist dann schlafen gegangen. Als ich dann mal in seine Akte nachgesehen habe, da ich wissen wollte, warum er immernoch hier rumhockt, konnte ich etwas von „STI“ lesen. Ja, der Patient war mit Warzen übersäht. Er hat mir dann beschrieben, dass er schreckliche Schmerzen hat. Etwas unwillig, hab ich ihn mir dann nochmal genauer angeschaut und musste feststellen, dass nicht die STI das Problem gerade ist, sondern die Paraphimose. Durch die Warzen vielleicht, aber vielleicht unabhängig davon, hat die Vorhaut seinen Penis so stark stranguliert, dass die Eichel hochrot und geschwollen sich dargeboten hat. Auch ein Notfall. Nur war ich etwas ratlos, was ich da machen soll. „Mach einen Penisblock und dann pressen!“ hat mir eine Ärztin gesagt. Und so kam ich dazu, dass ich zum ersten mal einen Penisblock machen sollte. Und er hat sogar funktioniert, zumindest hat der Patient dann für eine Weile nichts mehr empfunden. Und ich habe gepresst und gepresst, aber es hat leider nicht geholfen. Ich konnte die Vorhaut nicht mehr entlasten und so habe ich den faulen und arbeitsscheuen Urologen angerufen, der auf der anderen Seite des Krankenhaus wahrscheinlich gerade Däumchen dreht oder schläft. Er hat sich dann dazu niedergelassen, mir zu sagen, dass ich den Patienten zu ihn schicken kann auf die urologische Station. Und so ging ich mit den Patienten auf die Station. Der Patient hat mir derweil die ganze Zeit vollgelallt, dass er nun ein anderer Mensch ist und er komplizierte Zeiten hatte und deshalb nicht seine HIV-Medikamente eingenommen hat. Aber jetzt möchte er es tun blablabla. Ich bin eigentlich nur mitgegangen, um den Urologen über die Schulter zu schauen. Und er hat im Grunde nichts kompliziertes gemacht. Er hat die Vorhaut längs angeschnitten und somit alles entlasten können. Da dies stark blutet, hat er diese Vorhaut nochmal zugenäht. Der Patient konnte wieder lächeln und die Entlastung war ihm wirklich ins Gesicht geschrieben. Natürlich wurde ihm dann empfohlen, gleich einen Termin zur Beschneidung zu machen. Er will den Termin natürlich wahrnehmen.. angeblich. Ich glaube afrikanischen Patienten mittlerweile gar nichts mehr. Er wird sicher eine Ausrede finden, warum er nicht zur Bescheineidung geht, genauso wie er eine Ausrede findet, warum er nicht seine HIV-Medikamente nimmt. Es gibt immer Ausreden. So hat er fest vor dem Urologen behauptet, dass er sein HIV über seine Arbeit beim Melken von Kühen (!) bekommen hat und niemals durch Beischlaf oder Drogenkonsum. Der schlafende Intern hat sich mehrmals bedankt, weil wäre dem Patienten die Eichel abgefallen, hätte er mächtig Probleme bekommen mit seiner Fehleinschätzung.

Die Schwestern hatten auch Ausreden, warum nichts funktionierte auf Station während der Reanimation. Afrika besteht aus Ausreden. Es ist das Wetter schuld oder der ehemalige Kolonialherr. Oder die weiße Bevölkerung. Es gibt immer jemanden. Eine Stunde zuvor nahm ich eine Patientin auf, die schwarz war und fliessend Afrikaans gesprochen hat. Ihre Hausherren haben sie hierhergebracht, ich glaube aus Pretoria. Die Frau war 47 Jahre alt und ein Radiologie hat eine Tumormasse irgendwo hinter dem Bauchnabel festgestellt. Außerdem war sie anämisch und vollkommen erschöpft, weshalb sie die Klinik aufgesucht haben. Ich konnte der Frau eigentlich sofort die Kombination HIV und Tuberkulose ansehen. Aber dies hat sie beides verneint, wobei ich mir sicher bin, dass sie ganz genau weiss, dass sie es hat. Auch die Hausherrin wusste von nichts. Dennoch habe ich ihren HIV-Status abgenommen. In den Blutuntersuchungen ergab sich eine Panzytopenie. Und der HIV-Test war positiv. Keine Überraschung. Kein chirurgischer Fall eigentlich, aber dennoch haben wir sie auf Station zur Blutransfusion aufgenommen. Die Kollegen aus der Inneren Medizin wollten sie erstmal nicht aufnehmen, da sie eine Woche zuvor schon Bluttransfusionen aus einem privaten Krankenhaus erhalten hat. Verstehe den Grund nicht wirklich. Und so bestellte ich 3 Units Blutpakete für die Frau. Sicher wird es auch hier eine Ausrede geben. Aber spätestens die nächsten tage, landet diese Frau dann auf Ward 20, die Innere.

Die Urologen und HNO-Ärzte, die eigentlich in Bereitschaft waren, hatten auch ihre Ausreden, warum sie nicht ihre Patienten sehen wollen, die sich im Spit so langsam versammelt haben. Ich habe mich irgendwann beim Head of Unit 4 beschwert, da es nicht angehen kann, dass Patienten 12 Stunden auf ihren Arzt warten. Irgendwann kam die HNO-Ärztin, sauer und geladen, da wir Patienten auf ihre Station aufgenommen haben, ohne sie zu fragen. Wir haben uns halt entschieden, die Patienten, die uns akut behandlungsbedürftig erscheinen, auf Station zu schicken. Wenn der Arzt nicht zum Patienten will, kommt halt Patient zum Arzt.

Irgendwann in der Nacht, kam eine Mutter mit ihrer 14 Monate alten Tochter zu mir. Ihre Tochter hat einen Fremdkörper inhaliert, aber er stecke noch in der Nase und Mutter hat versucht ihn selber rauszunehmen, aber der Fremdkörper ging immer tiefer rein. Ich dachte mir, dass das Kind nun 6-12 Stunden auf einen HNO Arzt warten müsste oder ich es selber in die Hand nehme. Mit meiner kleinen Taschenlampe und einem Moskito in der Hand (ne Art Schere/Klemme) habe ich das dann auch geschafft, dem tapferen Mädchen den Schaumstoff aus der Nase zu schnappen. Eigentlich habe ich erwartet, dass das Kind weinen wird, so wie es immer ist, aber sie war ganz tapfer. Und ich habe dem Kind und der Mutter wohl 6 Stunden Wartezeit erspart.

Insgesamt war dieser Chirurgie-Call mal nicht zu langweilig. Man hatte immer was zutun und ich habe aufgehört zu zählen, wie viele Patienten und Neuaufnahmen ich gesehen habe. Gegessen habe ich nicht zu viel. Kann mich gerade nur an 1l Cola erinnern und paar Keksen erinnern. Und zwei Spike Energydrinks. Die haben grässlich geschmeckt, da kein Zucker drin war. Nie wieder!

Nachtrag: Bemerkenswert noch am Rande: Ich war diesen Freitagabend wieder zum Kabbalat Shabbat eingeladen. Ich sollte sie erstmal in der großen Yeshiva College Synagoge treffen. Dort war das Durchschnittsalter schon bemerkenswert höher. Was ich sehr nett aber fand ist, dass zum Ende hin der Gabbai der Synagoge zu mir gekommen ist, mich gefragt hat von wo ich komme und dann gefragt hat, ob ich schon einen Platz zum Essen habe. Es überrascht mich immer wieder. Eine wirklich sehr nette jüdische Gemeinde in Johannesburg. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob es auch so im Großteil Synagogen in Deutschland ist.

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Der Pay Day Samstag 30/31.10.2010

Der Pay Day Samstag. Es hieß wiedereinmal: Pay Day. Das bedeutet so viel, wie Geld und mit dem Geld kauft man Alkohol. So kann man es eigentlich ganz gut beschreiben. Nach einem ausgeruhten Samstag und in der Hoffnung nicht zum Shabbesessen irgendwo eingeladen zu werden tagsüber –vergebens- habe ich mich dann am Abend gegen 8 Uhr wieder zum Krankenhaus aufgemacht.

Es ist schon ein komisches Gefühl, wenn man wirklich erst zum Abend beginnt zu arbeiten. Die Straßen sind dunkel, in Johannesburg auch schlecht beleuchtet und ich habe mir vorgenommen einfach gelassen zum Krankenhaus zu fahren. Das „gelassen fahren“ möchte ich betonen. Etwa 2 Kilometer vor der Ausfahrt bei Soweto zum Krankenhaus kam es etwa 150m vor mir zu einem Unfall auf der Autobahn. Alkohol hat scheinbar schon um kurz vor 20 Uhr seinen Einfluss gehabt. Ich hatte recht Glück, dass ich einen großen Abstand gehalten habe. Im selben Augenblick, als ich den Unfall sah und die beteiligten Autos vor mir begannen anzuhalten, habe ich in meinen Rückspiegel gesehen, dass das Auto hinter mir nicht allzu weit weg von mir ist. Es wäre einfach viel zu gefährlich gewesen anzuhalten und so habe ich schnell in den rechten Spiegel geschaut und dann die Spur gewechselt. So konnte ich ein abruptes Stoppen mitten auf der Autobahn entgehen. Ein weiterer Gedanke war, dass ich nun vielleicht anhalte und schaue, ob ich helfen kann. Aber aus zwei guten Gründen bin ich dann weitergefahren. Erstens war die Unfallstelle nicht gesichert und den zweiten Grund könnt ihr beim Lesen des Blogeintrags selbst dann herrausfinden. Es war aber auch meines erachtens kein großer Unfall. Ein Auto wollte von der rechten (schnellen Spur) auf die linke Spur wechseln, während das andere Auto auf der linken Spur in ihn dann etwa auf Heckhöhe reingefahren ist.

Mit etwas weichen Knien habe ich dann Baragwanath betreten. Und es war noch ruhig dort, sodass ich mir erstmal etwas zu trinken gegönnt habe. Aber alle waren vorbereitet. Ein Fußballspiel war in Gange und die Menschen hatten paar Rand für billigen Alkohol. Oftmals so Billigbier aus Ginger gemacht irgendwie. „Ginger Beer“ Dazu kommt dann natürlich noch Marijuhana oder einfacher Klebstoof, ich habe den Namen auf Zulu für Gras gerade vergessen. Um etwa 9 Uhr begann dann der Pay Day. Vier oder fünf Männer wurden mit Schußwunden an den Beinen eingeliefert. Ich musste mich um zwei kümmern. Darunter einen, bei dem die Gefahr eines sogenannten Kompartmentsyndrom vermutet wurde. Das bedeutet in etwa so viel, wie das durch einer Verletzung es in einen bestimmten Raum einblutet und es durch den Druckanstieg in dem Raum zu Verminderung der Blutzufuhr kommt und man somit das Bein, den Arm verlieren kann. Die Therapie ist eigentlich, dass man den Raum öffnet und somit den Druck entlastet. Ich habe den Mann den Orthopäden zu weiterer Untersuchung vorgestellt und konnte dann mit den weniger ernst verletzten Schußverletzten kurz reden. Dieser hat mir erzählt, dass sie sich gegenseitig in die Beine geschossen haben, nachdem sie sich nach einem Autounfall in einer Diskussion „Verhandlung“ nicht einig werden konnten. Nach etwa 15 Minuten hat mich der Typ dann an sich ran geholt und gesagt, dass er und sein Freund sich gerade hier nicht sicher fühlen, da die Freunde des anderen Angeschossenen draußen vor der Tür auf ihn warten. Sie waren auf dem Gelände des Krankenhaus, bewaffnet und tigerten irgendwo vor dem Eingang der Notaufnahme rum. Er meinte, dass sie reinkämen, um ihn zu töten oder dergleichen. Ich habe ihn gefragt, ob die Sicherheitsleute des Krankenhaus davon wissen. Dann schickte ich seinen unverletzten Freund zu den Sicherheitskräften. Ein paar Minuten später konnte ich eine ganze Polizeieinheit von etwa 20 bewaffneten Polizisten und Polizistinnen sehen. Ich habe schnell ein Foto mit mein Handy gemacht.

Rudel

Es war mittlerweile so viel zutun, dass ich meine normale Kamera nicht einfach rausholen konnte aus meinem Rucksack. Ich glaube auch, dass die Leute es nicht so toll fänden würden, ungefragt fotografiert zu werden. Ich schildere übrigens den zweiten Grund nun, warum ich mich lieber vom Unfallort vorhin ferngehalten habe. Ich muss nicht unbedingt dabei sein, wenn sie gerade „diskutieren“. Aber es war schon bemerkenswert, wie selbstverständlich die mir berichtet haben, dass sie sich gegenseitig in die Beine geschossen haben. Da hat der andere Verletzte einfach plumb gesagt: „Er hat mir in das Bein geschossen, dann habe ich zurückgeschossen!“ Ich frage mich, von wo die Volldeppen eigentlich ihre Waffen herbekommen.

Nach den Schußwunden kamen dann die erwarteten zusammengeschlagene. Sie sehen alle gleich aus, wenn die Gesicher vollkommen zugeschwollen sind. Der Geruch ist mittlerweile altbekannt, aus Alkoholfahne, typischer Körpergeruch, getrocknetes Blut, Nichtduscher für mindestens 2 Jahre. Er klebt später frühmorgens an der Kleidung und selbst im Auto auf den Weg nach Hause, habe ich ihn noch gefühlt. Erst das gründliche Duschen, lässt ihn dann verschwinden. Die Schwestern waren so weise und haben das „Jetfuel“ für die betrunkenen vorbereitet. Einen von den Betrunkenen ging es aber noch so gut, dass er den ganzen SPIT vollgelallt hat und begonnen hat, mit obzönen Rufen den ganzen schwarzen weiblichen Ärztinnen mit „Nurse!“ hinterherzurufen. Es war aber eigentlich nur ein 18 jähriger, körperlich eine halbe Portion und keine große Gefahr, sodass wir ihn in Ruhe ignoriert haben. Irgendwie war es aber auch amüsant ihm zuzusehen. Er hat etwas Pepp in die Bude gebracht, wenn man es zu den anderen vergleicht, die auf den Betten vorsichhin siechten und ihren Trunk ausschliefen. Manchmal ein Abenteuer, die besoffenen eine Infusion anzuschliessen. Aber irgendwann klappt das auch, auch wenn er von 5 Personen festgehalten werden muss.

Der Resus hat sich mittlerweile mit diversen Autounfällen, Fußgänger-Autounfällen und Stichwunden gefüllt.

Thoraxdrainage

Insgesamt durfte ich zwei Thoraxdrainagen legen, wobei effektiv es nur eine war, da bei der anderen der deutsche Oberarzt, der heute auch in Trauma Dienst hatte, mir seinen Trick zeigen wollte, wie er in den Pleuraraum nach legen der Drainage noch eine Mischung aus Macaine+Adrenaline, Lidocain und NaCl einführt, um den Patienten glücklich und schmerzfrei macht. Dabei hat er beim Erklären auch schon gleich das Legen der ganzen Drainage übernommen.. Als ich diesen Patienten, es war 6.30 Uhr morgens schon, vorwarnte, dass ich ihn etwas gegen Schmerzen gebe, hat er mich allen ernstes gefragt, ob es Ethanol sei. Hätte er gerne dachte ich mir und sagte nur, dass er Ethanol ja schon genügend hat. Was er nicht verneint hat. In beiden Fällen gab es einen Hämothorax auf der linken Seite. Aber die zusätzliche Gabe des Cocktails werde ich nun auch versuchen zu übernehmen. Es sah sehr sinnvoll aus.

Ich muss sagen, dass ich in dieser Nacht gemerkt habe, wie viel ich in den 2 Monaten Trauma gelernt habe. Mit mir waren vier weitere Studenten, drei aus der England und eine aus Pretoria. Die drei aus England waren noch sehr neu und so haben sie sich in der Nacht öfters an mir gehalten. Das Bewerten des Schweregrades der Verletzungen des Patienten, aber auch praktische Dinge wie das Legen der Braunülen hat denen wirklich noch ein wenig Schwierigkeiten bereitet, sodass ich öfters einspringen musste. Aber auch sie werden es sicher in den 6 Wochen, in den die da sein werden noch zu genüge lernen. Ich habe nur für mich selber einfach gemerkt, ohne mich selbst hochzuloben, wie viel Erfahrung man hier gewinnen kann. Und wie viel man eigentlich in so einer Schicht macht. Vom eigenständigen Einbestellen von Röntgenuntersuchungen, eigenständigem befunden dieser ebenso, das Aufschreiben von Medikamenten, die praktischen Tätigkeiten vom legen der Braunülen, Nähen bis zum Legen von ZVKs und Thoraxdrainagen. Es ist wirklich eine Menge. Gut, das Legen von Braunülen gehört zu den praktischen Tätigkeiten eines Pjlers in Deutschland ganz sicher auch dazu. Das Nähen ab und an auch. Aber nicht in dieser Menge an einen Tag/einer Nacht.

Nervig ist es, wenn man zu den Stationen mitten in der Nacht muss. Man kann sich sicher sein, dass die dortigen Krankenschwestern, die ihr Picknick veranstalten, anstatt sich um die Patienten gründlich zu kümmern, immer weitere Aufgaben für einen haben, wenn man schon gerade da ist. Und so musste man neue Drips legen und anstatt einen Urinkatheter, gleich drei Urinkatheter legen. Eigentlich eine Schwesternaufgabe. Getopt wurde dies dann davon, dass eine ganze Schwesterntruppe von 6 übergewichtigen Frauen mir zugeguckt haben, wie ich vorbereitet habe, den Katheter zu legen. Erst eine ältere Krankenschwester hat dann auf Zulu gemeckert und einer Krankenschwester wahrscheinlich gesagt, sie solle nicht zusehen, sondern mir die ganzen Dinge zumindest geben. Aber mittlerweile hat man sich daran gewöhnt.

Auch Prof. Degiannis hat in der nachfolgenden Morgenrunde etwas darüber gesagt. Die Ärzte tendieren dazu, den Patienten einen ganzen Medikamentencocktail zu geben. Eigentlich eine ganz gute Mischung aus Medikamenten, die isch irgendendwie ergänzen. Aber den Patienten erreichen tun sie ja sowieso nie, da die Krankenschwestern es einfach nicht zu genüge ausführen. Und so forderte er, dass man die Standardgabe mal überdenkt und etwas gibt, was auch die Patienten mit Leichtigkeit dann erhalten können. Das Donnerwetter am frühen Morgen kam natürlich sowieso.

Die Notaufnahme war hoffnungslos überfüllt mit Verletzten. Und so musste jeder anwesende Arzt erstmal einen Patienten abarbeiten, bevor die Morgenrunde weitergeführt werden konnte. Stunden früher habe ich auch einen Patienten in den Resus geschoben, der eigentlich stabil wirkte, aber halt das Problem hatte, dass sein gesamter Mund- und Kieferbereich geschwollen war. Da muss man halt aufpassen, da der Atemweg jeden Moment auch verlegt werden könnte und er somit daran erstickt. Am Ende landen sie dann bei den MKGs, wobei der Witz umging, dass die MKGs am Wochenende sowieso nicht anwesend sind, um Patienten auf ihre Station zu übernehmen. Die sind eher beim Golfen. Ich denke sogar, dass dies der Wahrheit entspricht. Eine interessante Diskussion mit einer Krankenschwester im Schockraum/Resus hatte ich auch, die sich darüber aufgeregt hat, als ich ihr sagte, dass die Leute in Südafrika verrückt sind. Sie meinte daraufhin, dass hier alles keine Südafrikaner sind, sondern Einwanderer aus anderen afrikanischen Staaten, wie Zambia, Somalia und Zimbabwe und das man zumindest in der Zeit der Apartheid diese Leute nicht ins Land gelassen hat und heute die Regierung an der Misere schuld ist. Irgendwie hat sie vielleicht auch recht. Ich fand es aber dennoch erheiternd.

Morgen lade ich noch paar Fotos hoch, meine Internetverbindung (über Handy) ist einfach zu schlecht dafür.

Schockraum (Resus), voll

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Sonntag/Montag 17/18.10.2010

Es soll der letzte Call sein, an dem ich „offiziell“ noch auf der Trauma Station arbeite. Ich wechselte am Dienstag dann zur Allgemeinen Chirurgie. Dennoch wird darauf nicht zu streng geachtet, da die Calls ja alle in den selben Räumlichkeiten sind und ich sicher bei größeren Ereignissen bei Trauma mithelfen werde, so wie die anderen bei Chirurgie, falls die Chirurgie überlaufen wird.

Übernommen haben wir am Sonntag um 7 Uhr morgens eine recht heftige Anzahl von Verletzten, die sich über Samstagnacht halt angesammelt haben. So ist das eigentlich fast immer, wie ich mitbekommen habe. Es hat etwa 3 Stunden gedauert, bis wir diese Zahl abgearbeitet haben. Ein wenig Nähen, auf CT-Ergebnisse warten und sie in den passenden Stationen unterbringen, waren so die Hauptaufgaben dann. Die Intensivstation hat notorisch viel zu wenig Betten, sodass einige Betten der überfüllten Traumastation (mit 57 Betten glaub ich) als Intensivbetten herhalten müssen. Leider übernimmt die Intensivstation –gefühlt- immer nur die Patienten, die eine gute Prognose haben. Zum Sterben kommen diese dann eher in die Regel auf die Traumastation. Ist vielleicht besser für die eigene Statistik, ich weiß es nicht. Aber Baragwanath hätte ruhig doppelt so viele Intensivbetten vertragen können. Als ich einen Maskenbeatmeten Patienten zur Intensivstation begleiten musste, konnte ich mich über die Architektur aufregen. Man muss zur Intensivstation erstmal so etwa 5 Minuten den Patienten mit dem fast nicht zu rangierenden Bett hinrollen. Dies ist nicht der schwere Part. Schwierigkeiten bereitet es dann, mit dem Fahrstuhl zwei Stockwerke hochzufahren und dann rauszukommen aus dem Fahrstuhl. Das Treppenhaus grenzt so gut wie gleich an den Fahrstühlen an und man hat gar kein Platz, um das Bett ordentlich zu rangieren. Ich muss dies mal unbedingt fotografieren. Es ist einfach unbegreiflich, wie man darauf gekommen ist. Ich erkläre mir es aber so, dass das Gebäude erst nachträglich zur Intensivstation umfunktioniert wurde.

Ab Mittag kamen dann die ganzen neuen Patienten. Aber es war nicht besonders stressig. Man war beschäftigt, aber nicht überbeschäftigt. Vielleicht sollte es ein ruhiger Sonntag werden. In der Regel aber finden viele Patienten erst ihren Weg ins Krankenhaus am Sonntag.

Am Nachmittag hat es dann begonnen zu regnen. In Johannesburg sind die Winter die Trockenmonate und im Sommer regnet es dann reichlich an den Nachmittagen und/oder Abends. Aber die Temperaturen bleiben dennoch sommerlich warm. Eigentlich ist jeder Regen ein Erlebnis, da es hier durchweg dann beginnt zu stürmen, donnern und blitzen. Ein nettes Spektakel. Die andere Seite der Medaillie ist, dass der Regen die Straßen hier zu Schlitterpartien verwandelt. Ich habe es eines Abends selber bemerkt, wie glatt es sein kann. Nun kombiniert man die afrikanische Fahrweise, veraltete Autos und Alkohol miteinander und man hat auf der Traumastation am Ende des Tages genügend zutun.

Um 14 Uhr wurden wir angerufen, dass ein Helikopter mit einer Schwerverletzten kommt. Das war noch vor dem Regen. Ein Auto hat sie angefahren und dann gegen eine Wand gepresst. Wir haben sie auf den Landeplatz im Empfang genommen.

Eine Afrik_a_nerin. Damit meine ich eine Weiße. Die werden hier „Afrik_a_ner“ genannt, mit der Betonung des „a“. Sie war hämodynamisch stabil, obwohl sie sehr sehr viel Blut verloren hat. Ihre Verletzungen waren schlimm. „Traumatische Amputation“. Ich werde keine Bilder davon zeigen, aber ihr linkes Bein war vollkommen aufgerissen. Das andere Bein sah weniger schlimm aus, aber auch um dieses muss man kämpfen. Wir haben es denn Orthopäden und Gefäßchirurgen gezeigt und dann kam sie auch schon unter den OP-Tisch. Ich weiß nicht genau, wie es dann weiterging, sie liegt sicherlich auf der orthopädischen Station.

Wir bekamen später, am Nachmittag, einen weiteren Anruf. Major road accident. Ein Omnibustaxi wiedereinmal. Ich glaube, es war nach einem 20Minuten regen, aber ich bin mir da nicht ganz so sicher. 10 Verletzte sind auf den Weg zu uns gewesen und so waren wir auf Hochtouren. Später kamen noch weitere 4 vom selben Unfall. Ich sollte mit der Triage beginnen und hab die angekommenen Paramedics nach den Patienten ausgefragt. Dabei schaue ich grob nach den Verletzungen und den Hergang und entscheide, welcher Patient nun als erstes in den Schockraum (Resus) kommt und welcher noch bisschen warten kann.

Und da habe ich diesmal etwas neues gelernt: Vertraue nicht den afrikanischen Sanitätern. Die Paramedics warten eigentlich nur darauf, dass wir denen ihre Zettel unterschreibe und die Patienten aufnehmen. Als ich dann einen nach den anderen befragte, was mit dem Patienten passiert ist, wollte ich einen mir stabil wirkenden Patienten nach hinten anstellen. Da kam aber der Einwurf des Paramedics: „Aber er wurde aus dem Taxi geschleudert!“. Da läuteten die Alarmglocken bei mir. Er musste in dem Fall sofort in den Resus. Ich fragte kurz den Patienten, ob es so war und er meinte „ja“ oder ähnliches. Und so nahm ich den Patienten, durchleuchtete ihn sofort in den Lodox, rief „Resus“ in den Resusraum und die Schwestern und ein Arzt beeilten sich dann zum Patienten. Habe ihn dann kurz vorgestellt und der Arzt meinte, gut ich soll einfach weitermachen. Zwei Zugänge, Nasensonde vorbereitet, Urinkatheter vorbereiten lassen, Sauerstoffmaske, CT Formulare und der ganze Rest. Den diensthabenden Arzt gefragt, ob er einen Ultraschall machen kann. Alles auf Hochtouren. Nachdem ich einen Zugang angelegt habe, wollte ich den Patienten erstmal körperlich untersuchen. Ich wurde stutzig, als ich ihn begutachtete, da ich keinerlei Verletzung feststellen konnte. Nichts so sehen, keine Kopfverletzung, nichtmal eine Schürfwunde. Und so fragte ich ihn nochmal eindringlicher, ob er wirklich aus dem Taxi geschleudert wurde und er meinte zu mir: „Nein, ich saß vorne und war angeschnallt!“ Er war vielleicht von allen anwesenden Patienten der einzige, der angeschnallt war. Und auch der, der am leichtesten verletzt war. Das war richtig peinlich. Aber die Schwestern konnten mich verstehen und haben danach Neunmalklug gesagt: „Glaub nie den Paramedics!“ Der Sanitäter war auch schon längst verschwunden, sodass ich ihn nicht zur Rede stellen konnte. Aber er hat mich glatt angelogen.  Dies hätte auf Kosten von anderen Verletzten gehen können, bei denen die Zeit ein kritischer Faktor sein könnte. Es war mir sehr unangenehm, aber ich habe den Patienten dann erstmal wieder in den Spit zurückgestuft und mich dann einen anderen Patienten gewidmet, der schlimmer verletzt war, als dieser.

Und der Abend und die Nacht zeigte, dass es die „Nacht der fetten Frauen wird“. Der griechische Arzt, mit dem ich auch zusammenwohnte, hatte seinen letzten Dienst, nach 6 Monaten harter Arbeit und er hat sich über jede dicke schwarze Frau erstmal aufgeregt. Natürlich in Anwesenheit der Frauen. Ich hatte leider das Glück, gleich drei dieser 150kg (?) Kolosse behandeln zu müssen. Da wird jede Untersuchung zur Qual. Und diese Frauen sind stets sehr wehleidig. Überall Schmerzen. Aber zwei davon waren eigentlich ganz in Ordnung, die andere musste in den Resus. Nur leider konnten wir keinen Ultraschall machen, man hat einfach mit unseren Geräten kaum etwas sehen können. Vielleicht sollten wir bei den Tiermedizinern (am besten von den Elefantenparks oder Hippoparks) mal anfragen, ob wir deren Ultraschall uns ausleihen können.

Es gab noch zwei Stichwunden und paar angefahrene Patienten. Immer Alkohol im Spiel. Ich weiss gar nicht, was sie unter Alkoholeinfluss tun. Torkeln sie auf den nicht belichteten Straßen herum? Dauernd werden, wenn nicht abgestochen, zusammengeschlagen, betrunkene Männer (weniger Frauen) angefahren. Zumindest gab es für mich eine Thoraxdrainage.

Stunden später kamen dann halt die „leicht“ Verletzten vom großen Unfall an die Reihe.

Und so musste ich mich um 2 Uhr nachts um ein 15 jähriges Mädchen kümmern, welchesso einiges an Verletzungen mitgenommen hat. Beide Arme und auch Bauch waren übersäht mit tiefen, aufgerissenen Wunden. Dies war eine Heidenarbeit, die ganzen Wunden zu säubern, zu begradigen, damit man es ordentlich nähen kann, und dann zu nähen. Ich habe 2,5 Stunden gebraucht. Dabei kostet es auch viel Zeit, das ganze Material zusammenzusuchen.

Davor

 

Ich habe ein Foto von einen kleinen Teil ihrer Verletzungen gemacht. Mal so ein „davor“ und „danach“.

Zuvor wurde ich den in den OP gerufen, da ich eine Thoraxdrainage (gerne) legen soll bei einen Patienten, der einen Hämothorax bekommen hat, aus welchen Gründen auch immer. Der Patient war auf der Neurologiestation, einen Gebäude fernab von der Traumaaufnahme. Und so musste ich später extra (mit dem Auto) dahin fahren, um mir das Kontrollröntgenbild anzusehen. Aber alles schaute gut aus. Selbst auf dem Bara Gelände wird empfohlen, nachts nicht unbedingt rumzulaufen. Es war aber ganz interessant, auch mal die Neurologische Stationen mir anzuschauen. Es sah relativ ordentlich aus, viel besser, als die ganzen Baracken der chirurgischen Stationen.

Und nun das wichtigste: Gegessen habe ich eigentlich gesund und ausgewogen! Paar selbstgemachte Sandwiche, eine Tunalasagne am Abend, 1l Coca Cola, 1l Energydrinks, bisschen Wasser. Vielleicht sogar mehr Cola, kann mich nicht so genau erinnern.

Wie sieht eigentlich der Tag danach aus? Man kommt nach Hause, schmeißt die Kleidung sofort in die Waschmaschine, duscht sich gründlich und geht dann für die nächsten 6 Stunden schlafen, sodass der nächste Tag so gut wie gelaufen ist, da es schon wieder 18 Uhr abends ist. Dann fährt man so schnell wie möglich zum Supermarkt (da dieser auch bald schliesst) und kauft sich etwas zu essen ein. Bisschen Internet, falls Internet funktioniert und dann wieder schlafen. Ich probiere es immer wieder, mich zum Fitness zu motvieren, aber es klappt einfach nicht. Man fühlt sich einfach viel zu müde.

Am Montagmorgen wurde ich dann vom Professor für meine zweimonatige Arbeit hochgelobt und verabschiedet. Mit Verwunderung haben die anderen Ärzte dann gesehen, dass ich dennoch die nächsten Tage da bin. Es klang halt so, als ob ich morgen gehe, dabei hab ich ja noch 2 Monate Chirurgie vor mir.

Ich werde dennoch weiterhin auch Traumafälle übernehmen, erspare mir aber die Arbeit auf der Traumastation nun und sehe bisschen mehr allgemeinchirurgische Fälle.

Bis dann,

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Der Mittwoch und Kabbalat Shabbat am Freitagabend..

Am Mittwoch, den 6.10.2010 hatte ich wieder das Vergnügen „on call“ zu sein. Eigentlich versprichst man sich nicht zu viel, es sollte eine ruhige Nacht werden. Dies ist es auch insgesamt geworden. Jetzt sitze ich gerade hier im Garten neben den Teich und werde vom zimbawesischen (rhodesischen) Einwanderer vollgequatscht. Dabei will ich eigentlich nur meine Ruhe gerade haben und diese paar Zeilen schreiben. Er will einen Klingelton auf sein Handy haben, aber ich kann ihn nicht helfen, da er kein Bluetooth hat. Das versteht er nicht.

Zurück zum Krankenhaus. Ich habe leider nun das Pech für den Rotationsplan der anderen Studenten zuständig zu sein. Die beiden Studenten aus der UK haben für sich entschieden, im Grunde nur zu den Calls zu erscheinen und sich von der Stationsarbeit zu drücken. Die haben aber ihre Rechnung nicht mit dem aus dem Urlaub wiederkehrenden Degiannis gemacht. Nur leider bekomme ich den Ärger, da ich ja nun „Boss“ bin und für die zuständig. Mal schauen, ob die nächste Woche mal zu normalen Tagen erscheinen.

Es gab keine großen Neuigkeiten, die man so sehen konnte. Der Schockraum (Resusraum) war relativ leer, eigentlich sehr leer. Drei, vier Patienten, wo normalerweise an den Wochenenden sich ein Patient neben den anderen stapelt und der Resus aus allen Nähten zu platzen droht.

Merkwürdigerweise hat sich die Zahl der „P3“ gefühlt verdoppelt. In der internistischen Notaufnahme arbeiten wohl auch neue Ärzte, die nun den ganzen ungeliebten Crap zu uns rüberschieben. Ich verstehe es bis jetzt nicht, warum ein Herr, der auf seine Hand gefallen ist und die nun geschwollen ist, unbedingt von uns erstmal gesehen werden muss, bevor er zum Röntgen und Orthopäden geschickt wird. Und so musste ich mit den anderen Internes erstmal diesen ganzen Crap abarbeiten. Glücklicherweise kam in der Nacht von denen nichts nach, sodass wir uns auf die wirklichen Notfälle P1 und vielen P2 kümmern konnten.

Ich hatte das Vergnügen, auch Lippe und Wangenschleimhaut eines 7 jährigen Jungens zu nähen. Zumindest hab ich es als „Vergnügen“ erstmal interpretiert, da eigentlich Kinder sich relativ unkooperativ zeigen. Der kleine Junge wurde von einem Auto angefahren, hat seinen linken Oberschenkel gebrochen und tiefere Wunden im Gesicht erlitten. Ich musste auch einige Nähte mit absorbierbarem Material im Mund machen. Und ich muss sagen, dass sich der Junge eigentlich tapferer präsentiert hat, als so manch erwachsener. Nein, als fast jeder Patient, der hier bis jetzt angekommen ist. Ich habe es leider versäumt mal ein „davor“ und „danach“ Foto zu machen. Vielleicht hole ich es irgendwann mal nach. Aber der Junge sah nach meiner Näherei eigentlich ganz ordentlich aus. In den Resus musste er, da so ein Oberschenkelbruch vorallem beim Kind durchaus stark bluten kann. Aber später wurde er dann von den Orthopäden übernommen, nachdem wir eine Verletzung der Halswirbelsäule ausschliessen konnten.

Und da kommt nun noch eine Sache. Fast jeder Autounfall kommt mit einer Reizung der Halswirbelsäule, bzw. der Muskeln drumherum an. Wir müssen jede Halswirbelsäule abklären. Dies wird im grunde erstmal nur mit ein Röntgen getan, obwohl ein CT-Halswirbelsäule eigentlich viel zuverlässiger wäre. Aber nicht jeder Patient kann ein CT bekommen. Die Aufnahmen der Radiologieabteilung sind katastrophal. Entweder sind sie total überlichtet (schwarz) oder die Assistenten bringen den Patienten nicht in die richtige Stellung. Jede Halswirbelsäulenaufnahme ist wertlos, wenn man nicht auch C7 sehen kann. Aber dafür muss man die Arme des Patienten für einige Momente runterdrücken. Bekommt aber die Radiologie nicht gebacken.

Sehr gut aber hat diesmal der Transport zum Röntgen geklappt. Es waren die ganze Nacht über Porter anwesend, die die Patienten hin und her geschoben haben, sodass wir nur die beatmeten Patienten in den CT begleiten mussten.

Stichwunden gab es nur eine nennenswerte diesmal. Im Halsbereich. Wir haben gedacht, dass ein Gefäß getroffen sein konnte, da es sehr stark geblutet hat. Wie ich aber gehört habe, hat sich im OP ergeben, dass es dann doch nur ein Muskel war, der so eingeblutet hat.

Selbst versorgt habe ich einen 24 jährigen Patienten, der von seinen „Freunden“ zusammengeschlagen wurde. Es waren seine „Arbeitskollegen“. Auf Nachfrage, was er den so arbeitet, sagte er ganz stolz, dass er ein Pusher ist. Richtig selbstverständlich hat er diesen Beruf angegeben, als sie es das normalste der Welt. Und wieder das gewohnte Bild: Bei der Inspektion des Körpers habe ich gesehen, dass er scheinbar schonmal eine Stichwunde in den Bauch erlitten hat. Die Riesennarbe der explorativen Laparatomie kann man nicht übersehen.

Genauso wie die Narben der Thoraxdrainage der 29 jährigen kachektischen Frau, die von ihrem Freund zusammengeschlagen wurde und dann für 2 Tage gefesselt und eingesperrt. Eigentlich hätte ich sie es nicht sagen müssen, aber man hat ihr auch die HIV Infektion irgendwie angesehen. Bemerkenswerter  weise, hat sie von sich aus mir gesagt, dass sie HIV positiv ist. Fand ich merkwürdig und nur in dem Moment ist mir überhaupt es wieder eingefallen, dass ich in einem HIV-Gebiet arbeite. Als ich es wusste bei Ihr, war es ein ganz anderes Gefühl, ihr eine Braunüle anzulegen. Komisch irgendwie. Aber sie hat durch ihre Gesichtsschwellung wohl kaum etwas gegessen und auch sehr wenig getrunken, sodass ich das erstmal für nötig hielt, bevor sie nun weitere Stunden im Krankenhaus verbringt. Und so wanderte sie zum Röntgen erstmal. Nur zwei Rippenfrakturen, nach Hause mit ihr und Schmerztabletten.

Todesfälle gab es keine. Wobei genaugenommen mussten wir bei einen Patienten im Resusraum den Hirntod diagnostizieren. Als ich hörte, er sei Hirntod, habe ich mir die Pupillen des Patienten mal genauer angeschaut. Sie waren wirklich sehr weit und vollkommen unbewegt auf jede Art von Reiz. Habe es noch nie gesehen. Irgendwie auch gruselig, wenn man bedenkt, dass die Person eigentlich tot ist, aber dennoch wie eine Pflanze weiterlebt. Nun sollen die Angehörigen gefunden werden und dann befragt, ob sie ihn zur Organspende freigeben.

Leider waren weder Thoraxdrainagen noch ZVKs zu legen. Dafür konnte ich aber meine Skills beim Legen der Braunülen üben und ich muss sagen, dass ich da schon viel besser geworden bin. Eigentlich sitzen sie auch nun immer, auch wenn ich einen Patienten manchmal erstmal dreimal stechen muss, bevor es klappt. Aber wie gesagt, die Braunülen hier sind viel schwerer zu legen, als Venflon in Deutschland oder Israel.

Blutgase ist halt auch der Standard, den man so abnimmt. Ist nicht schwer. 2l Coca Cola Zero, 0,5l Coca Cola, 0,5 l Oranges Engergy Getränk, 0,5 l Leitungswasser, koshere fertige Spaghetti Bolognese, zwei Pita.. das war so das, was ich zu mir genommen habe in 24 Stunden Dienst. Am Ende wurden wir noch in das M+M Meeting gequält, bei dem ich gegen das Einschlafen angekämpft habe. Nach dem Meeting, bin ich dann auch so schnell wie möglich, über einen Umweg zu Pie Works (Hamburger!), nach Hause zum Pennen gefahren.

Freitag musste ich dennoch zur Arbeit aufkreuzen. Glücklicherweise wurde ich zum Assistieren im OP eingeteilt. Langweilige Hautransplanationen. Man schält Haut vom Oberschenkel ab und platziert es dann auf die Brandwunden an den Beinen oder Bauch. Das waren auch so etw 5 Ops. Ich konnte dann aber relativ schnell nach Hause, um noch bisschen zu schlafen und pünktlich zur Synagoge zu sein.

Ich bin diesmal zum Kabbalat Shabbat der großen Sydenham Synagoge gegangen. Ist etwa ein 15 Minuten Fußweg von mir entfernt, habe aber dennoch aus Faulheit das Auto genommen. Zu meiner Überraschung war dies eine Synagoge im ganz anderen Stile, als in Glenhazel. Ich denke, dass dort die Leute relativ vermischt waren, orthodox, traditionell, säkulär. Zumindest waren dort viele, da ein Friday Night Dinner angekündigt wurde und ich am Freitag noch rechtzeitig ein Ticket ergattert habe. Special Guest war Idan Raichel, samt Crew, da er gerade in Johannesburg und Kapstadt zwei Auftritte hat. Am Sonntag ist er wieder in Johannesburg. Werde sicherlich hingehen.

Die Hauptsynagoge ist riesig, schwer abzuschätzen wie viele Juden dort ihren Platz finden. Aber in ihr beten sicherlich unübertrieben 5 mal so viele Menschen wie in der Ryke-oder Joachimsthalerstraße. Und sie hatte ein 10köpfigen Männerchor. Einmal ist es ganz nett sich das anzuhören, aber ich kann es sonst nicht wirklich leiden, da man kaum mitsingen kann, wenn sie da ihre Ergüße von sich geben.

Das Abendessen war sehr nett, habe viele Leute getroffen, die ich schon kannte und so hatten wir bei sehr gutem Catering einen netten Abend. Müde, bin ich dann aber gegen 12 Zuhause gewesen und sofort eingepennt.

 

die P3

 

Übrigens habe ich so ziemlich „Halbzeit“ nun erreicht. In ziemlich genau 2 Monaten bin ich wieder aus Johannesburg zurück. Die Zeit vergeht sehr schnell, wenn man in eine Routine reinkommt..

 

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Paar Eindrücke von „um-die-Ecke“

Es gibt eine Brücke, die von der Soweto Minibusstation direkt ins Bara führt. Ich habe mich mal auf die Brücke gewagt, um mich mal selber dort auch umzusehen. Nach Gerüchten gibt es irgendwo eine ganze (tote) Kuh zu kaufen. Man kann angeblich auch nur die Ohren oder nur die Zunge kaufen. Aber ich hab die Kuh und auch die Medizinmänner mit Wundertränken leider nicht sehen können.

Auf den Rückweg wurde ich von einen jungen Mann sichtlich aufällig verfolgt. Aber er hat es nach 20 Metern aufgegeben. Keine Ahnung was der wollte..

Shopping Mall vorm Bara

Aber keinen falschen Eindruck von Soweto bekommen. Soweto ist zwar ein Township, aber mittlerweile gibt es verschiedene „Klassen“, die dort wohnen. Es gibt sogar eine große Shopping Mall mit teuren Geschäften (Mapunya Mall), die halt auf den dortigen Markt zugeschnittne Waren hat. Ein Beispiel sind da weiße Anzüge =) Kauft keiner in der Sandton Mall, aber die Kundschaft in der Mapunya Mall mag es. Es gibt halt viele Schwarze, die Geld gemacht haben und dennoch entschieden haben in Soweto zu bleiben. Mir wurde auch erzählt, dass man mittlerweile auch ganz gut dort weggehen kann. Man muss halt nur wissen wohin.

Ein weiterer Ausblick

Hier ein weiterer kleiner Ausblick. Man sieht ganz viele Minibustaxis. Das Transportmittel in Südafrika für alle, die sich kein Auto leisten können. Als Tourist sollte man vorsichtig sein, wenn man so ein Taxi nimmt. Und nach den paar Wochen auf der Traumatologie, empfehle ich eigentlich niemanden, so ein Taxi zu nehmen. Da ist ein normales Autotaxi das Geld wert und relativ gesehen zu Deutschland eigentlich auch recht günstig.

Omnibusstation.. so kommen die Leute ins Bara also an

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Mittwoch, Donnerstag und der halbe Samstag (Pay Day)

NYPD? LAPD? JMPD!

Aufgrund der Feiertage hatte ich keine Zeit, meine Eindrücke vom Mittwoch sofort niederzuschreiben. Ich muss wieder sagen, dass es recht schwer ist, sich Tage danach noch daran zu erinnern, was man am Mittwoch so erlebt hat. Ein Vorfall kann ich aber nicht vergessen, da ich die Geschichte zu ausgesprochen amüsierend fand: Am frühen Morgen des Mittwochs, kurz nach Dienstantritt, wurden zwei Patienten mit Schusswunden in der Schulter-Hals-Gegend bei uns eingeliefert. Sie haben nach Polizeiaussagen versucht, ein Polizeiauto zu „hjacken“. Ich habe später noch nachgefragt, ob es wirklich so war und die haben es bestätigt. Man sollte sich natürlich dann nicht wundern, dass man mit Schußwunden ins Krankenhaus kommt. Ein anderer bemerkenswerter Fall wurde Dienstagnachmittag eingeliefert.

Ein 13, 14 jähriger Junge mit einen Messer im Kopf. Ich habe es als Röntgen und als Foto festgehalten.

Der Junge war noch bei vollem Bewußtsein und sichtlich „geschockt“ vom Vorfall. Nach dem seine Vitalparameter festgestellt sind, wurde er so schnell wie möglich den Neurochirurgen überstellt. Das Messer sah aus, wie so ein normales Essbesteck. Das passiert wohl mit einigen Kindern in Südafrika, wenn sie sich am Mittagstisch nicht benehmen.. Ich hatte leider bis jetzt keine Zeit, mich um das Wohl des Kindes zu interessieren. Es liegt ganz bestimmt entweder auf Intensivstation oder bei den Neurochirurgen.

Und so sah es aus..

Aber zurück zum Mittwoch. Wir haben im Grunde keinen stressigen Dienst hier erwartet. Und insgesamt muss ich sagen, war zwar genügend zutun, aber kein großartiger Stress, wie man es von den Wochenenden gewohnt ist. Aber auch die weniger gefährdeten Patienten können einen über die ganze Nacht beschäftigen. Es gab eine Vielzahl von gewaltätigen Übergriffen, einige Wunden mussten von mir genäht werden und mitten in der Nacht durfte ich als Highlight die einzig nötige Thoraxdrainage legen diesen Dienst. Warum nenne ich es „Highlight“? Da es die einzige Stichwunde war, diesmal in den Rücken, rechts, haben auch alle Assistenzärzte, Studenten und einige Krankenschwestern zugeguckt, wie ich die Drainage so lege. Ein Assistenzarzt zumindest auch mit hilfreichen Kommentaren. Aber dem Patienten geht es gut und er ist mittlerweile auch schon wieder entlassen. Bis zur nächsten Stichwunde. Beim begutachten dieses Patientenguts, kann man auch sehen, dass einige Patienten schon so einige Narben mit sich tragen. Nach weiterem Nachfragen erzählen sie dann auch, dass es nicht die erste Stichwunde ist. Das muss wohl für jemanden, der hier beruflich arbeitet so ziemlich frustierend sein. Ich muss sagen, dass wir schon manchmal das Mitgefühl im Stress verlieren. Vorallem an Wochenenden.

Mir sei ein kurzer Schwenker zu Samstagnacht erlaubt. Ich durfte bei der dritten Laparatomie („Bauch auf-reingucken-reparieren-zumachen“) nach Stichwunde im Abdomen assistieren. Ihm wurde seine zweite Stichwunde im Bauchbereich zum Verhängnis. Warum? Der Patient hatte schon eine Laparatomie hinter sich. Durch diesen Eingriff kam es zu Einschmelzungen im Bauchbereich. Das passiert eigentlich immer, sobald man den Bauch aufmacht und da drin rumfummelt. Der Bauchinhalt verklebt in sich und an die Bauchwand. Dadurch verlieren die Innereien an „Beweglichkeit“. Wenn nun nochmal ein Messer im Bauch landet, wird ein Großteil der nun unbeweglichen Innereien perforiert, da es nichtmal so minimalen Ausweichbewegungen kommt. Und so war der Bauch so ziemlich unübersichtlich. Drei Perforationen und dann auch noch die Perforation der Harnblase. Eine eigentlich einfache Laparatomie, die sich dann als schwierig erwiesen hat. Und dies um 5 Uhr morgens.

Ein anderer Patient war zu Anfang noch amüsant. Name und Krankengeschichte den Sanitätern unbekannt, haben sie einen Verletzten alten Mann aufgegabelt, der behauptet hat für die Polizei zu arbeiten. In seinen Taschen konnten die Sanitäter eine Unzahl an Steinen, Kräutern und Pflanzengewächs finden. Sie haben ihm aber leider die Taschen geleert. Ich hatte nun das „Glück“ mich mit ihm zu beschäftigen. Sowas passiert aber öfters, dass man einen Patienten vor sich hat, von dem man nicht weiss, was überhaupt an ihm das Problem ist, außer das er eine gute Dusche gebrauchen könnte. Ich hab ihn dann erstmal durch den Ganzkörperlodox geschickt, als ich davon überzeugt war, dass er so einigermaßen stabil ist. Wir legen dann den Patienten auch erstmal vorsorglich eine Halskrause (falls aufzufinden). Dies versteht aber nur ein kleiner Teil der Patienten zu würdigen. Kaum dreht man sich um, ist entweder die Halskrause ab oder der Patient hat sich aufgerichtet. Würde die Halswirbelsäule ernsthaft in Gefahr sein, würden diese Patienten sich vielleicht selbst einen Querschnitt zuziehen. Ist aber noch nicht passiert. Vielleicht passiert es auch nie. Nach einigem Röntgen habe ich ihn dann zu den Orthopäden überstellt, da er nur am Arm einen Bruch hatte, der versorgt werden sollte. Nicht wirklich spannendes. So kamen einige Patienten, darunter Kinder, zu einem. Nathan, der andere Student, hatte die undankbare Aufgabe, eine Platzwunde unter dem Auge eines 4 Monate altes Mädchen zu nähen. Eine Aufgabe, die fast unmöglich ist.

Eine ruhige Nacht..

Selbst Ketamin konnte das Kind fast spurlos einstecken, bevor es für einige Minuten taumelnd aufgegeben hat und endlich auf dem Bett einschlief. Aber selbst da hatte er nicht genügend Zeit und eine nette Kinderchirurgen hat ihn dann von dieser Aufgabe erlöst.

Aber jetzt zum Samstag. Es ist das letzte Wochenende im Monat. Das bedeutet, dass die Menschen hier ihre kleinen Gehälter bekommen und endlich wieder Geld haben für Alkohol. (ich muss aber ernsthaft sagen, dass sie scheinbar andauernd Geld haben für Alkohol) Dennoch ist das letzte Wochenende im Monat immer extra stressig, sodass wir im Schockraum (Resus) und Spit 4 Assistenzärzte, 2 Ärzte, 1 Oberarzt waren. Und dann 5 Studenten. Zwei Studenten aus Johannesburg, die halt ihren Dienst hier schieben müssen. Ich muss sagen, dass die Ausbildung zum Arzt in Südafrika scheinbar viel praktischer ist. Ich sehe diese Studenten überall. (Haben meistens schwarze Scrubs an) Sie sind fleissig am Intubieren im OP, müssen Nachtdienste schieben, unzählige Braunülen legen, unzählige male Nähen etc. pp. Eigentlich etwas, was man in Deutschland, jetzt explizit in Berlin vielleicht in gewissen Maßen übernehmen könnte. Berlin hat ja auch sicherlich genügend zutun. Und man muss bedenken, dass die frischen Ärzte 3 Jahre lang AiP machen müssen. 2 Jahre Rotieren und dann ein Jahr „Community Service“. Das muss man erstmal verkraften, 3 Jahre. Aber dafür bekommen sie sehr viel Erfahrung, da sie innerhalb der zwei Jahre wirklich durch alle großen Bereiche der Medizin rotiert sind. Ohne diesen Interns (ich nenne sie bei meinen Artikeln Assistenzärzte) würde das südafrikanische Gesundheitssystem zusammenfallen. Und es ist vor paar Jahren zusammengefallen, als die Interns für ein Gehalt gestreikt haben. Am Ende haben sie ihr Gehalt bekommen, hab vergessen bis jetzt zu fragen, wie viel, aber angeblich gar nicht mal so schlecht. Trauma würde ohne Assistenzärzte, aber auch ohne Studenten sicherlich ebenfalls jedes Wochenende vorallem zusammenfallen.

Ich habe keine großen Pausen gemacht, auf dem Rückweg vom CT, habe ich mir eine Cola gekönnt. Das war aber auch die einzige Pause, die ich hatte. Aber es waren ja auch „nur“ 12 Stunden, nachdem ich wohlgenährt vom Shabbesnachmittag mich dann zum Abend Richtung Bara aufgemacht habe. Auf den Weg habe ich noch einen Studenten abgeholt, da ich es versprochen habe. Es war ganz interessant durch einige Randgebiete von Downtown Johannesburg zu fahren. Eigentlich ist da nichts aufregendes zu sehen gewesen, aber es ist immer Nervenkitzeln durch diese Gebiete zu fahren. Musste ihn von der Uni abholen, welche ja gleich neben Downtown gelegen ist. Mir wurde erzählt, dass man nun in Begriff ist, so langsam Downtown wieder „zurückzuerobern“. Dies wird aber noch weitere 20 Jahre sicherlich dauern. Und so waren wir um etwa 20 Uhr im Krankenhaus. Die erste Bitte eines Arztes war, dass ich doch den Patienten, der im Resus liegt, mal kurz durchchecke und Notizen zu ihm in die Akte schreibe. Am Ende der Schicht wird sich diese Aufgabe als Grund dafür zeigen, dass ich Ärger vom Vize-Chefarzt bekomme. Ich habe alles aufgeschrieben, was ich so sehe, kannte aber nicht wirklich den Patienten. Und in der Morgenrunde wurde ich dann von einen Intern zur Stelle gerufen, um den Patienten vorzustellen. Er hatte angeblich einen Pneumothorax nach Stichwunde (kein Hämothorax ausnahmsweise).. Naja ich wusste nichts über den Patienten und der ewig nuschelnde Chefarzt hat dann so einiges an bemängeln gefunden an mir. Aber das ist mir im Endeffekt auch egal, auch wenn es ärgerlich ist. Aber auch hier habe ich etwas gelernt. Das nächste mal, muss ich nochmal genauer Nachhaken und die anderen Ärzte fragen, was da nun passiert ist. Ich habe es in diesem Moment als nicht so wichtig, sondern eher als nervige Nebenaufgabe empfunden, schnell die Notizen und neuen Anweisungen niederzuschreiben. Der Resusraum war im grunde Dauerüberfüllt. Stretcher mussten zwischen die regulären Betten aufgestellt werden und so hatten wir eine Anhäufung von (meistens)alkoholisierten durch Pistolen, Messer, Autos oder Menschen verletzten Menschen.

SPIT, relativ leer zu diesem Zeitpunkt 😉 Rechts und links sind aber noch viel mehr Patienten

So gegen zirka 10 Uhr kam ich dann zu meinem kleinen Triumph. Es wurde ein Patient im halbwegs stabilen Zustand in den Schockraum überstellt, der 4 Schußwunden erlitten hat. Drei davon in den Bauchbereich. Eigentlich eine klare Sache, wohin der Patient sofort gehört. Auf den OP-Tisch zur Laparatomie. Das Lodox konnte keine Kugeln zeigen un dich bin mir nicht sicher, ob der Patient noch ins CT gekommen ist, vor der OP. Auf jedenfall durfte ich unter verbaler Hilfe und kleinerer Nachkontrollen meinen ersten ZVK legen (zentraler Venenkatheter). Eine nette Aufgabe, meiner Meinung nach technisch viel einfacher als eine Thoraxdrainage. Und er soll auch im OP wunderbar funktioniert haben. Habe leider vergessen, ein Foto davon zu machen, so als Beweis. Aber ich hab andererseits ja auch niemanden was zu beweisen. Jedenfalls sollte ich es nochmal wiederholen, um die Technik zu verfestigen.

Eine Thoraxdrainage habe ich dann bei einen anderen Patienten auch gelegt. Aber eher gemeinsam mit einen Intern, da sich es bei diesem Patient aufgrund seiner Anatomie irgendwie als ziemlich schwierig gezeigt hat. Aber auch die Drainage lag am Ende richtig und hat funktioniert. Leider hat er aufgrund der Inkompetenz der Schwestern, die halbe Thoraxdrainage ohne 5ml an Morphin überstehen müssen. Die Gabe von Morphin und Dormicum ist heilige Schwesternaufgabe und das Aufziehen dieser Medikamente dauert ganz sicher 10 Minuten. Bis die fette Schwester ihren Arsch dann auch zum Patienten bewegt hat, dauert es wiederum gefühlte 5 Minuten. Ich glaube, es hat ernsthaft 10 Minuten gebraucht, bis die Schwester kam. Und ich habe ihr schon längst zuvor bescheidgegeben.

Der nette Oberarzt hat mir dann auch mal erklärt, warum sie so lahmarschig sind. Während Ärzte interessiert sind, die Patienten so schnell wie möglich auszusortieren und beispielsweise auf Station nach getaner Arbeit zu schicken, wollen die Schwestern die Patienten lieber über den nächsten Schichtwechsel beibehalten, da ja ein bekannter Patient weniger Arbeit macht, als dauernd neue Patienten im Schockraum zu haben. Und dies ist wirklich so. Eine ärgerliche Aufgabe hatte ich, aufgrund von Krankenhauspolitik. Es gibt mobile kleine Beatmungsgeräte im Schockraum, die dafür gedacht sind, die Patienten beatmet in den CT zu bringen. Für die Trauma-Station gibt es keinen, da offiziell die Station ja keine beatmeten Patienten haben soll. Aber aufgrund der notorischen Bettenknappheit auf der Intensivstation (und nach Jahren wird aufgrund weiterer Politik, die Betten dort nicht aufgestockt) werden dennoch etwa 4 Patienten der über 50 Patienten dennoch beatmet. Und so musste ich einen instabilen Patienten für zirka einer Stunde per Hand beatmen. Eine nervige, aber auch stinkende Aufgabe, da man unmittelbar in der Nähe des Patienten stehen muss und irgendwann steigen halt die ganzen Dämpfe in die eigenen Nase. Warum eine Stunde? Nun die Mitarbeiter des CTs kamen nicht auf die Idee, das einzig funktionierende 32-Zeilen CT freizuhalten und anzurufen, dass der beatmete Patient jetzt gebracht werden kann. Und so musste ich tatsächlich weitere 15 Minuten warten und Beuteln, bis der Raum frei wurde. Nur ein schmaler Bleianzug hat mich dann vor der Strahlung geschützt, da ich in den dummen Raum drin bleiben musste. Vollidiotenaufgabe. Ich war heilfroh, diese undankbare Aufgabe hinter mich gebracht zu haben. Man fühlt sich da wie ein Depp. Und muss dauernd mit der Sauerstoffsättigung und dem Monitor kämpfen. Die mobilen Monitore funktionieren grundsätzlich so, dass man sie an und ausschalten muss jede 20 Sekunden, da sie aufhören zu funktionieren. Und gerade dieser Patient hatte die Angewohnheit von 100% auf 76% runterzugehen. Eine wirklich nervende Aufgabe. Danach habe ich mir, wie oben erwähnt eine kurze Pause samt Cola gekönnt. Aber das ist der Preis eines ZVKs. Erst einen machen und dann eine Stunde lang mit dieser Aufgabe leiden. Und der Patient wird an Lungenentzündung versterben. Da bin ich mir leider fast sicher.

Ein weiterer Notfall war eine Stichwunde, die im Bereich des Herzens gelandet ist.

Hier der Patient

Der Patient hatte eine sehr starke spritzende Blutung und der Intern dachte, dass das Herz getroffen wurde. Meiner Vermutung nach, wurde aber eine Arterie, vermutlich die A.mammaria getroffen. Der Oberarzt hat es dann nur grob zugenäht und der Patient wurde dann erstmal später in OP direkt gebracht, nachdem eine drohende Tamponade ausgeschlossen wurde. Es fällt mir immer schwerer, die ganzen Fälle zu schildern. Sie wiederholen sich im Grunde. Und so musste ich eine Vielzahl von Zugängen legen, die mir so langsam immer häufiger auf Anhieb gelingen, Blutgase, Finger in Po, Magensonden, Nähen, Blutabnahmen, Urinkatheter etc. pp. Alles halt Routineprogramm, dass man bei einen Resuspatienten und auch Patienten im Spit durchführt. Richtig, den Finger in den Po von Patienten zu stecken ist eine recht wichtige Aufgabe, da man damit Hinweise auf ernstzunehmendere Wirbelsäulenverletzungen, aber auch innere Blutungen kriegen kann. Am frühen morgen hat mich dann eine Patientin so ziemlich genervt. Gut alkoholisiert, dachte ich zuerst, dass sie nicht erweckbar ist. Erst ein kräftiger Schmerzreiz an die Brust, vom diensthabenden Arzt, hat sie aufgeweckt. Ich bin außer auf dem kräftigen Sternumreiben nicht darauf gekommen, der Frau an die Brust zu gehen. So langsam ist sie dann aufgewacht und ich habe das Standardprogramm an ihr durchgeführt. Sie hat mir dann irgendwann gesagt, dass sie Depressionen hat und ihre Tabletten nicht genommen hat und deshalb so viel getrunken hat. Sie konnte sich auch nicht erinnern, wer sie geschlagen hat. Diese Frau war so nervig, dass es mir schwerfällt es zu beschreiben. Sie war meine letzte Patientin und ich war froh, dass ich mit ihr nichts mehr zutun hatte. Sicher keine Depressionen, sondern irgendeine andere psychische Erkrankung. Ich habe schon überlegt, ihr Alkohol zu kaufen, damit sie wieder ruhe gibt. Aber vielleicht empfindet man so um 7 Uhr morgens, nach fast 12 Stunden auf den Beinen ohne Pause. Sie hat nicht nur den Arzt beschimpft, der ihr mit dem Schmerzreiz an die Brust gegangen ist, sondern auch mich. Ich mache mir aber eigentlich wenig drauß. Nur als wir dann die Runde nach 7 Uhr gemacht hat, hat sie mich vor versammelter Mannschaft noch beschimpft. Hat aber niemand wirklich ernst genommen =) Dabei habe ich versucht, zu ihr nett zu sein.

Alles im allem eine Schicht, an der es an Arbeit nicht gemangelt hat. Ich schreibe gerade hier alles auf, nachdem ich von 11 Uhr bis 17.30 Uhr meinen Schlaf nachgeholt habe und bald wieder schlafen gehe.

Gute Nacht!

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Vierter und fünfter Incall

Wohlgenährt und ausgeruht habe ich mich wieder dafür entschieden, Bara einen Samstagnacht-Besuch abzustatten. Die beiden Studentinnen aus London waren damit einverstanden, dass ich zu ihrer Schicht hinzustoße und so habe ich mich in der Dunkelheit 38km weiter süd westlich aufgemacht. Der Weg ist relativ heikel. Autobahnbeleuchtungen gibt es nur vereinzelt in paar Abschnitten, sonst ist es stockdunkel. Das GPS hat mich sicherlich ganz gut durchgelotst, aber ich habe dennoch beinahe die falsche Ausfahrt genommen. Ging aber auch nochmal gut. Der Weg ist auch mit Baustellen übersäht und man sollte den Straßenschildern nicht ganz vertrauen.

Wie erwartet, hat sich ein Kriegsschauspiel gezeigt. Alkohol und Gewalt ist halt die Kombination, die speziell an den Wochenenden ihren Höhepunkt findet. Ich habe diesmal verpasst, ein Foto von den Menschenmassen zu machen. Der gewohnte Geruch von 2-Jahres-Nichtduscher, typischer Körpergeruch und Exkrementen kam mir dann auch schon entgegen. Zum Glück gab es nur ein leichtes Mittagessen am Samstag. Mitgenommen habe ich außer zwei Energydrinks sonst nichts. Die Energydrinks hauen wirklich rein, ich glaube die sind um ein Vielfaches stärker, als jedes Energygetränk in Deutschland. Hier wird sicherlich nicht reguliert, wie viel Koffein und Taurin in das Getränk reindarf.

Es war der gewohnte Ablauf. Im Spit die etwas weniger akuten Notfälle und im Resus all die, die in Lebensgefahr schweben. Unzählige Autounfälle, gewaltätige Überfälle, paar Schusswunden, Messerstiche waren hier versammelt. Irgendwie hat man sich da schon an den Anblick gewöhnt und immer wenn die Ambulance-Crew mit einem neuen Opfer kommt, geht man den selben Routinemaßnahmen nach. Ich glaube, dass so ein Messerstich in Deutschland Aufruhr in der Notaufnahme bringen würde, aber hier nimmt man es nur gelassen zur Kenntnis und schiebt den Patienten erstmal in den Ganzkörperröntgen.

Ich hatte zwei Patienten, die mir komischerweise beide „undercover“ ihre Stichwunde ganz gelassen gezeigt haben. Diesmal nicht in den Brustraum, zu meinem bedauern, da ich unbedingt Thoraxdrainagen legen möchte, sondern in den Bauchraum. Bei beiden hat ein Stück Omentum majus mal eben rausgeguckt. Aber beide haben mir beteuert, dass es ihnen gut geht und sie keine Not-OP brauchen. Bemerkenswert, ich würde vor Panik eingehen, die wären aber fast bereit, nach Hause zu gehen.

Leider ist jetzt schon Mittwoch. Ich habe keine Zeit gehabt, in Ruhe meine Eindrücke von Samstag niederzuschreiben. Sonntag habe ich fast den ganzen Tag gepennt und bin abends weggegangen. Montag war dann mein nächster voller 24h Incall, sodass ich Dienstag am pennen war und zu fertig. Und heute ist halt Mittwoch.

An einen Patienten kann ich mich aber noch blendend erinnern. Ein 16jähriger Junge mit mehreren Schusswunden. Ein Einschuss in der rechten Hand, einen im linken Oberschenkel, Knie und im Fuss. Da es keinen Ausschuss gab im Oberschenkel, haben wir krampfhaft nach einer Kugel im Röntgen gesucht. Das CT gab paar Stunden später dann doch Auskunft darüber bis dahin ist der Junge aber dann in den Not-OP entschwunden.

Der Mittwoch war etwas weniger spannend. Viel mehr Autounfälle, kaum Messerstiche, aber dafür heftige Überfälle.  Ein Patient, den ich sofort in den Resus geschickt habe, wurde scheinbar nur am Kopf maltetriert. Das Gesicht und auch Hals war dermaßen zugeschwollen, dass ich um die Atemwege fürchtete und wir alle beteten, dass wir diesen Mann nicht intubieren müssen. Leider war er auch genauso verwirrt, aber irgendwie habe ich es doch geschafft, zwei Zugänge in ihm zu rammen. Er wurde mit ein Eisenstab oder so geschlagen. Ebenso wurde sein Ohr abgeschnitten und ich vermute, dass man auch die Stange einmal in sein Ohr gerammt hat.

Aber mich hat die Infrastruktur des Krankenhauses diesmal dermaßen aufgeregt. Es gab für den gesamten Spit und Resus nur einen Porter. (Transporter) Soll heissen, dass die Patienten erst innerhalb von mehreren Stunden zum Röntgen, zum CT oder sonstwohin geschoben wurden, sodass wir lieber Hand anlegten und die Patienten mit den katastrophalen Betten transportierten. Betten schieben ist dahin auch ein Witz, da es eine Seltenheit ist, dass so ein Stretcher auch funktioniert. Leider zu schwer für die beiden Studentinnen und den Ärztinnen, sodass ich desöfteren auf Bitten den Patienten zu den Radiologen schieben musste. Oder eher tragen. Also war diese Schicht auch ein gutes Workout.

In den Stunden, wo nicht so viel los war, war es eine erfrischende Abwechslung, den Chirurgen als erste Assistenz bei Blinddarm-Entnahmen, Hernien etc. behilflich zu sein. So war ich bei 4 verschiedenen Operationen dabei. Die haben händeringend nach Assistenten mitten in der Nacht gesucht und ich musste leider deren Ersuche abschmettern, als ich selbst in der Aufnahme zutun hatte. Aber hey, im Bara werden auch gewöhnliche Probleme gelöst. Lustigerweise hat mich der serbische Chirurg mehrmals vorgewarnt, dass der zu operierende Patient HIV hat. Hat nicht jeder Patient hier HIV?

Ich habe desübrigen mir heute meine eigene Postexpositionsprophylaxe gekauft. Nur für alle Fälle, da ich schon von mehreren Studenten gehört habe, die gerade unter Einfluss dieser Medikamente stehen müssen. Ich werde bei mir im Rucksack dann gleich die zugehörigen Tabletten haben und bin so dann unabhängig von den ganzen Bara-Laufereien nach einer Nadelstichwunde um 4 Uhr morgens. Ich hoffe dennoch, dass ich die Dinger nicht nehmen muss, da nicht nur der Stress um HIV Ansteckung, sondern auch die Nebenwirkungen der Tabletten es in sich haben und mir meinen ganzen Aufenthalt mit Durchfällen, Kopfschmerzen, Albträumen, Sehproblemen vermiesen können. Ich habe desübrigen zum zweiten mal mir eine Nadelstichverletzung zugezugen. Beim Aufziehen von NaCl aus einer Infusionsflasche. Zum zweiten verdammten mal. Aber die Nadel war zum Glück sauber, wenn nicht steril. Dennoch unangenehm. Aber auch ganz gut vielleicht, da sie einen um 2 Uhr nachts einen „Weckruf“ geben.

Eine zweite Sache, die am Mittwoch katastrophal war: Es gab keine Chirurgen, die ihre Patienten aufgenommen haben. So war das SPIT überfüllt mit Patienten, die auf einen Chirurgen warten und sehnsüchtig gehofft haben, ich könne ihnen weiterhelfen. Ich erinnere mich an einer sehr kachektische Frau, die sicherlich 18 Stunden ohne Infusion, ohne gar nichts auf ihren Stretcher gewartet hat. Ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass es 24 Stunden waren. Ich habe es verpasst, mich darüber zu beschweren. Nach 27h, will man nur selber nach Hause.

Die Zeit verging dennoch relativ schnell. Das koshere Fertigessen (Chicken&Curry) war ein Reinfall. Aber dafür habe ich mir vorzügliche Sandwiche gemacht mit Smoked Beef. Vernichtet habe ich darüberhinaus 3x500ml Coca Cola, 2xEnergy Drinks soweit ich mich erinnere.

27h danach

Machen durfte ich an den beiden Incalls so einiges. Nur leider hat sich mein ZVK wieder verzögert. Die Ärztin hat mir versprochen, dass sie dabei ist und zuschaut, wie ich ihn lege etc., aber sie ging um 4 Uhr morgens schlafen und überließ dann das Legen des ZVK der nächsten Schicht. Sie hat sich bei mir entschuldigt frühmorgens und versprochen, dass ich den nächsten legen kann, wenn ich in ihrer Schicht bin. Naja.

(Das Foto zeigt mich wiedereinmal mich am Ende des Incalls nach 27h.. Und nein ich bin nicht dick, ich habe beim Rausholen der Kamera meine Gürteltasche nach vorne geschoben =) )

Dafür gabs unzählige Braunülen, Urinkatheter (sehr spannend..), Blutgase, PRs (sogar einmal mit Blut am Fingerling), eine Thoraxdrainage, eine Intubation (die mir nicht gelungen ist, aber zumindest gebe ich zu, dass ich die Stimmritzen nicht sehe und ramme nicht blind den Tubus in den Ösophagus, wie es so gerne einige Assistenzärzte machen), Tracheostomie durfte ich das Tracheostoma an die Haut nähen..

Eigentlich ganz ok, hoffe aber auf mehr Thoraxdrainagen und auf nen ZVK.

Am Ende heisst es wieder

Gute Nacht

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Rosh Hashana – Jüdische Gemeinde in Johannesburg

Rosh Hashana Ich habe einfach keine Zeit gehabt, über das zurückliegende lange Wochenende mit den Feiertagen zu berichten. Rosh Hashana hat ja Mittwochabend begonnen, was zur Folge hatte, dass das Fest einen direkten Übergang zu Shabbes hatte. Vier Tage, an denen ununterbrochen alle paar Stunden gegessen wird. Ich habe mir Mittwoch schon vom Krankenhaus freigenommen. Meine Hemden aus der Reinigung abgeholt und mich vorsichtshalber mit ein wenig Essen eingedeckt. Hätte ich gewusst, dass ich so viel essen werde, hätte ich meinen Kühlschrank leer gelassen. In der Gegend von Sandringham, bzw. eher Glenhazel hat man das Fest schon ab vorigem Montag gespürt. Um die Ecke von mir ist der „Kosher Strip“. Koschere Fleischerei, Koschere Hühnchenrei, Fischladen, Milchik Kaffee, Fertigessenrei und paar weitere Läden zeigen sehr deutlich, wer in dieser Gegend eigentlich lebt.

KosherStrip

KosherStrip

Geht man vom Kosher Strip weiter hinauf, sieht man zur rechten Seite das „Yeshiva College“ mit zwei oder drei Synagogen drin und dem Gymnasium. Diese Straße wird zu Shabbes sogar für den Autoverkehr zugesperrt. Aber dabei handelt es sich nur um die Zufahrtsstraße. Geht man diese Straße noch 2 Minuten hinauf, kommt man gleich zur nächsten Einkaufsecke.  Ein Deli, Blumengeschäft, „Kosher World“-Supermarkt, noch ein Fertigessen-Laden und eine koshere Bäckerei (mit Sushi Takeaway und Hamburger), ein Kolel Buchshop und so einiges weiter ist dann dort wiederzufinden. Mit dem Auto weitere 5 Minuten entfernt kommt dann eine koshere B&B Pension und noch 2 weitere kleinere Center mit ebenfalls Auswahl an kosheren Einrichtungen.

Wenn man aber von Kosher World nochmal 2 Minuten geht, kommt man zur Sunny Rd. Ohrsom Synagoge, bei der ich mein Platz für die Feiertage reserviert habe, da dorthin eigentlich alle jüngeren Leute hingehen. Die Auswahl ist dennoch riesig an Synagogen, allein in meinen Umkreis. Ich schätze es auf etwa 10 Synagogen im 15 Minuten Fußmarsch von mir entfernt. Und das ist nicht alles.

Es gibt noch viele weitere Gegenden, in denen sich die Mehrheit der jüdischen Bevölkerung in Johannesburg niedergelassen hat. Waverley, Norwood, Oaklands, Linksfield um nur einige zu nennen, die mir gerade einfallen. Alles mit dem Auto nicht sehr weit weg von mir. Während Glenhazel das „Bnei Brak“ von Johannesburg ist, was aber nicht heißt, dass hier nur Haredim rumlaufen. Eigentlich habe ich gar keine Haredim in Johannesburg gesehen. Glenhazel und Umgebung ist eher modern orthodox geprägt. Wenn man die andere Richtung sucht, muss man sich nach Sandton und Umgebung aufmachen. Sandton ist das neue Stadtzentrum, nachdem Downtown Johannesburg ungeniessbar geworden ist. Hier befindent sich zusätzlich fast alle Hotels, Nelson Mandela Square, das riesige Shoppingcenter „Sandton Mall“ und eben auch das wirtschaftliche Zentrum. Klar, kein Zufall 😉 Ein Freund, den ich erstmalig in Johannesburg kennengelernt habe, hat mich nach einem Clubbesuch irgendwo in dieser Gegend mal zwischen Sandton und Hyde Park mitgenommen. Dort befindet sich die Gegend namens „Sandhurst“. Eigentlich habe ich gedacht, dass ich in einer sehr wohlhabenden Gegend gelandet bin. Aber in Sandhurst sind Schlösser. Und ich übertreibe nicht. Während ich die bittere Armut im Baragwanath Krankenhaus Tag für Nacht erlebe, bankettieren Könige in Sandhurst. Und ich habe sicherlich nicht die gesamte Gegend und alle Häuser dort gesehen, da es nachts war und die Grundstücke mit meterhohen Mauern abgeschottet von der Realität sind. Natürlich mit eigenem Sicherheitsdienst und so weiter. Aber zurück zu meiner Gegend.

Vor 5 Jahren war die Sicherheitslage in Johannesburg sehr schlecht. Man konnte in Glenhazel alleine nicht auf die Straße, gewaltätige Überfälle waren der Alltag. Und so hat sich der gesamte Bezirk einfach gefragt, was sie tun können. Entweder sie verlassen Glenhazel und dann wahrscheinlich Südafrika oder sie nehmen das Heft in die Hand. Die Polizei in Johannesburg ist wirkungslos, obwohl man genügend Steuern bezahlt. Und so wurde CAP bzw. GAP (je nach Gegend) gegründet. „Glenhazel Active Patrol“ oder „Community Active Patrol“. Eine non-Profit Sicherheitsfirma, die man mit 400 Rand pro Haushalt unterstützt oder auch nicht. Und das zusätzlich zur privaten Sicherheitsfirma, die das Haus und Grundstück schützt. Angestellt in dieser Sicherheitsfirma sind ehemalige Militärs aus den verschiedenen afrikanischen Ländern. Und wie es so scheint, hat diese Organisation innerhalb kürzester Zeit für Sicherheit gesorgt. Wie ich so gehört habe, sind ihre Methoden so ziemlich brachial. Aber nur mit Gewalt kann man scheinbar für Sicherheit sorgen. Man hat als Krimineller halt nun Angst, das Viertel zu betreten. Eine kurze Anekdote: In meiner ersten Woche habe ich abends ein „Studententaxi“ bestellt. Der Fahrer war schwarz und fuhr ein „altes“ Auto. Einen Toyota Tazz. Am Tor zum Haus hat ein Sicherheitsmann mit ihm auf mich gewartet. Er wurde schon beim Einfahren abgefangen und halt begleitet. Desübrigen habe ich „alt“ in Anführungsstrichen betont, da die Autos teilweise nur alt aussehen, aber relativ neu sind. Der Golf 1er wurde ja erst letztes Jahr in Afrika von der Produktion eingestellt. Und die Autofirmen haben auch sehr viele Modelle hier, die es halt nur hier auf den Markt gibt. So wie Autos, die speziell für den amerikanischen Markt oder speziell für den asiatischen Markt hergestellt werden, gibt es hier halt auch viele Autos, die für den afrikanischen Markt hergestellt werden. Und die sind der letzte Schrott. Es gibt beispielsweise solche Golf 1er Billignachbauten, Golf Citi genannt. Tata ist desübrigen auch viel häufiger vertreten, als in Deutschland. Liegt vielleicht daran, dass man hier auf der selben Seite fährt, wie in Indien. Jetzt zumindest gehören die Gegenden, die von CAP/GAP geschützt werden, zu den sicheren Gegenden. Was aber nicht bedeutet, dass man so sicher wie in Deutschland dann nachts rumlaufen kann. Aber die Zahl der Vorfälle hat sich zu fast nichts verringert.

Besonders sicher ist es zu den Feiertagen, wenn auch verstärkt patroulliert wird. Es ist sogar sehr nett, Freitagabends und Nachts durch meine Gegend zu laufen. Wie es so scheint bin ich nicht der einzige, der zu irgendwem zum Shabbesessen eingeladen wurde und so sieht man sehr viele Menschen hin und her laufen. Gegrüßt wird in Johannesburg im jiddischen. „Gid Shabbes“, „Gid Jontev“. Kann vielleicht daranliegen, dass nach Südafrika nach dem Krieg vorallem die Gemeinden aus Litauen hingezogen sind. Ich habe keine Ahnung, aber ich werde wahrscheinlich als Tourist daran erkannt, dass ich mit „Shabbat Shalom“, „Shana Tova“ oder „Chag Sameach“ grüße und antworte. Und das obwohl ich wahrscheinlich viel mehr jiddisch verstehe und reden kann, als fast jeder andere dort. Zurück zu den Synagogen. Wie ich es so verstanden habe, gibt es zu jeder großen Synagoge hier, immer kleinere Einrichtungen, die „Nachwuchs“ sind. Die Übergänge sind sicherlich fliessend, aber es gibt die „junge Synagoge“ (Mehrheit Unverheiratet), die „Päarchensynagoge“ (junge Verheiratete mit Kindern) und die Hauptsynagoge mit den ganzen Rest und den Gubes. Rabbi Moffson ist zuständig für die Sunny Road Synagoge, an der ich teilnehme. Ein sehr netter Rabbiner, der mit entsetzen irgendwie vernommen hat, dass ich ein Zimmer bei einen Priester miete. Als allererstes wollte er, dass ich in die Cottage eines anderen Rabbiners ziehe. Gleich neben sein Haus und neben der Hauptsynagoge mit der Yeshiva. Aber ich habe dankend abgelehnt. Ich habe keine Lust wieder umzuziehen und eigentlich ist es ja dort, wo ich gerade bin ganz gemütlich.

Die Leute in der Synagoge sind sehr nett. Mittlerweile kenne ich sehr viele dort. (vorallem Jungs, es wird durchaus rigeros getrennt hier) Über die gesamten Feiertage und den zurückliegenden Shabbatot, musste ich eigentlich immer die selben Fragen beantworten. „Es leben Juden in Deutschland, wie viel Juden leben denn in Berlin?“, „Gibt es koshere Läden dort?“, „Wie ist es mit dem Antisemitismus in Deutschland?“, „Warum hast du Dir Johannesburg ausgesucht?“. Wohl die gewöhnlichen Fragen, die jeder kennt, der aus Deutschland kommt und ins Ausland reist. Ich habe versucht geduldig immer die selben Antworten zu geben. Es ist relativ schwer sich zu erinnern, bei wem ich posthum die Feiertage verbracht habe. Oder meine Eindrücke von dort. Ich muss aber betonen, dass die jüdische Gemeinde in Johannesburg sehr herzlich ist. So nett, dass es mir schon unangenehm war, die vielen Einladungen abzulehnen. Man kann ja nur einer Person zusagen und so habe ich mich zweimal sogar in der Lage befunden, jemanden abzusagen, da ich ausversehen doppelt zugesagt habe. Ich weiss nicht, ob ein Fremder in Berlin oder Deutschland genauso viele Einladungen bekommen hätte. Ich weiss auch nicht, ob ich in Sandton von den „liberaleren“ Juden ebenfalls so herzlich eingeladen gewesen wäre oder in Kapstadt. (Denen nachgesagt wird, dass sie „kühler“ sind) Ich glaube aber schon. Und hier ist vielleicht der große Unterschied zu Berlin. Ich wurde stets mehrmals gefragt, ob ich mich für die Feiertage arrangiert habe. Ob ich einen Platz für Abends habe oder zum Lunch. Und auch als ich es bejaht habe, hat man dennoch nochmal vorsichtshalber am nächsten Tag gefragt, ob ich mich arrangiert habe. „Are you sorted for lunch?“ Bemerkenswert.

Ich muss aber zugegeben, dass ich beispielsweise Samstagmittag gehofft habe, nicht eingeladen zu werden. Ich arbeite relativ schwer und habe geplant, am Samstagabend in den Incall zu gehen für die gesamte Nacht. Und so wollte ich unbedingt auch Nachmittag ein wenig schlafen, um ausgeruht den Nachtdienst beginnen zu können. Lunch zieht sich nämlich ganz sicher immer bis 16 Uhr Nachmittag hin. Das heisst, dass man für 9, 10 Uhr zur Synagoge aufsteht, dort bis 1 Uhr samt Kiddush verbringt und dann zum Lunch bis 16 Uhr. Und wenn man Zuhause ist, dann ist es fast 5, sodass sich zu ein Schläfchen kaum lohnt, wenn man um 8 Uhr im Krankenhaus sein will. Oder zu den Feiertagen halt für Mincha um 17 Uhr. Aber das ist vielleicht ein Luxusproblem. Verhungern tue ich nicht. Ich habe auch bis vor kurzem etwa 3 Kilo an Gewicht -verloren-, da ich nicht mehr regelmäßig Sport treibe. (Was ich aber versuche nun zu ändern, nachdem ich mich zu einigermaßen eingelebt habe) Mittlerweile habe ich sicherlich zugenommen. Am ersten Abend von Rosh Hashana war ich bei jemanden eingeladen, dessen Familie ich bei dem vorigem Shabbesessen kennengelernt habe.

Ein Bekannter hat mich mitgenommen zu denen und so war ich doppelter Gast. Aber scheinbar mochten sie mich, sodass ich sofort für Rosh Hashana  eingeladen wurde. Oder eher bei Freunden von denen. Es ist wirklich eine Selbstverständlichkeit, Gäste zu haben. Es ist wirklich kompliziert, die ganzen Verbindungen zu beschreiben. Irgendwie wurde ich desöfteren von eigentlichen Gästen zu anderen eingeladen, bzw. mitgenommen. Und dies mit einer grundsätzlichen Selbstverständlichkeit. Das Essen war wirklich sehr gut. Ich glaube es würde den Rahmen sprengen, wenn ich beschreibe, was es alles so gab. Aber es war reichlich. Und sehr viel gutes südafrikanisches Rindfleisch. Aber auch viel Fisch. Nur der Gefilte Fish hat mir gefehlt. Bei keiner Familie gab es Gefilte Fish auf den Tisch. Aber auch besser so, da mir nur der Gefilte Fish von Zuhause schmeckt. Alle Familien waren (modern) orthodox geprägt. Man gewöhnt sich eigentlich so ziemlich schnell daran. Und eigentlich ist es sogar viel schöner so. Nur musste ich mir doppelt die Hände waschen. Meine Hände müssen wie gewohnt auch „sauber“ und nicht nur „rein“ sein. =) Man weiss sogar, wann man gehen darf. Nachdem die Birkat HaMason gebescht wurde, verabschieden sich die Gäste meist kurz danach. Ich habe erlebt, dass der Gastgeber mittags nach dem Benschen sich verabschiedet und schlafen geht. Das war so bei Rabbi Moffson und einmal bei der Familie der zwei Brüder zu Mittag des zweiten Tages von Rosh Hashana. Ungewohnt, aber eigentlich cool, wenn dies so erlaubt ist. In Deutschland würde man das eher als „unhöflich“ interpretieren.. glaub ich zumindest.

Zum zweiten Abend am zweiten Tag Rosh Hashana, wurde ich von jemanden in der Synagoge zu sich eingeladen. Er selbst ist Paramedic und arbeitet für „Hatzolah“. Ich habe von Hatzolah schon einmal berichtet, da sie zum Streik hin den Transport und die Verpflegung vieler Neugeborener beigetragen haben. Hatzolah ist sozusagen, dass Magen David Adom in Johannesburg. 40 Angestellte, die Notdienst und Krankentransport sind. Diese Leben natürlich auch nur von Spenden.

In Johannesburg gibt es auch einen eigenen jüdischen Radiosender. Und dieser hat für einen Tag mal nur als Thema Hatzolah gehabt. Warum ich das erwähne? Vor 2 Wochen hab ich zufällig davon im Radio gehört. Und am Nachmittag darauf habe ich Rabbi Moffson getroffen, der mir ja die andere Cottage unbedingt zeigen wollte. Gleich neben der Hauptsynagoge auf der Northfield Avenue Ecke Kingswood (Ohr Somyach) ist ebenfalls so ein (in die Jahre gekommenes) Einkaufscenter mit verschiedenen (koscheren) Geschäften. Dort befindet sich auch ein Boxgym und ich wollte nachfragen, wie viel da die Mitgliedschaft im Monat kostet. Zufällig im Cafe darunter haben sich alle Hatzolah Leute getroffen. Und von dort wurde halt vom Radiosender live berichtet. Fand ich irgendwie lustig, nachdem ich mich eher in der Autofahrt darüber aufgeregt habe, dass der Sender stresst, da er gar keine Musik ausstrahlt. (Was er normalerweise macht, oft auch israelische Mucke) Da meine Eltern und Familie hier mitlesen nochmal kurz zu Protokoll: Mittwochabend, Donnerstagmittag, Donnerstagabend, Freitagmittag, Freitagabend, Samstagmittag. Ich habe über die Feiertage wirklich genügend gegessen. Ich weiss gar nicht, wie ich mich da bedanken kann. Aber zum Ende meines Aufenthalts, werde ich versuchen irgendwie ein Dankeschön zu geben..

Das jüdische Leben in Johannesburg ist wirklich am leben. Etwas anderes, was sehr bemerkenswert ist, ist das Verhältnis zu Israel. Anders als in Deutschland, wird die Israel und die Aliyah nach Israel nicht als Konkurrenz gesehen. Es ist selbstverständlich, dass Kinder, obwohl sie in Südafrika aufgewachsen sind, beispielsweise in die israelische Armee für paar Jahre gehen. Noch erfreulicher, wenn sie dort danach leben, aber genauso gut, wenn sie dann wieder zurückkommen. Während in Deutschland solche Jugendliche als „Sonderlinge“ oder „Nichtsnutze“ abgestempelt werden, ist es hier halt selbstverständlich. Genauso selbstverständlich, wie die israelische Fahne (neben Südafrikanische) an Einrichtungen der jüdischen Gemeinde, wie Altersheimen, Behindertenheimen oder sogar an Tankstellen oder Einkaufszentren.

Israelfahne an Tankstelle

Israelfahne an Tankstelle

In der jüdischen Gemeinde zu Berlin wird die israelische Fahne eher als Sicherheitsrisiko und Parteinahme angesehen. In der jüdischen Gemeinde von Südafrika ist es Teil der selbstbewussten jüdischen Identität. Antisemitsmus ist desübrigen in der schwarzen Bevölkerung kaum vorhanden. Viele Südafrikaner haben vielleicht andere Probleme, aber es ist halt eher europäische oder panarabische Identität. Aufpassen muss man nur beispielsweise in Boksburg in Johannesburg, in der Gegend wo es halt sehr viele Moscheen gibt und halt Fahnen von einem bestimmten 68er Fantasieland ausgedachter Nation, dass niemals existiert hat und eher Symbol und Mittel im Kampf gegen Juden und Israel ist. Ich musste auch nachts feststellen, dass es vereinzelt grüne Lichter am Horizont von Soweto gibt. Islamische Zentren mitten in der Gegend der schwarzafrikanischen Bevölkerung? Nur meine Vermutung. Aber sicher kein gutes Zeichen, was Antisemitismus angeht. Sicher nicht so akut, wie in Europa, aber dennoch markant. Südafrika hat eine grundliberale Einstellung. Dennoch sieht man in der Stadt auch Vollschleier, obwohl diese eher für die Unterdrückung der Frau in der Gesellschaft stehen, als für Toleranz und Respekt.

Und am Ende muss ich sagen, dass ich es gut finde, dass ich hier mal eben im Supermarkt mir ein kosheres Steak im gewöhnlichen Supermarkt zum Abendessen kaufen kann! =) Morgen mache ich mal Fotos von den beschriebenen Plätzen. Und noch kurz die Berichte über Samstagnacht und mein Montag 24h+ Incall im Krankenhaus.

Bestes Frühstück:

Cheesecake @ Moo-z

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Shana Tova!

May you be inscribed in the Book of Life for a good year!
Nächstes Jahr geht es weiter hier!

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Kurzer Nachtrag zum Thema Krankenschwestern

Ich möchte nur einen kurzen Nachtrag hier tätigen: Ich habe vielleicht die Krankenschwestern zum Thema um „4:00 nachts das Krankenhaus einfach so verlassen“ voreilig verurteilt. Heute in der Morgenbesprechung wurde uns berichtet, dass eine Krankenschwester der Traumastation Opfer eines Übergriffes von „Gewerkschaftsaktivisten“ geworden ist. Sie haben der Krankenschwester aufgelauert, sie mit einer Eisenstange geschlagen und von einer Brücke geworfen. Die arme Frau liegt schwerverletzt auf Intensivstation in einer der privaten Kliniken.

Die einzigen Kommentare, die dazu in der Morgenbesprechung gemacht wurden sind, dass es sich hierbei um Tiere handelt, nicht um Menschen die streiken. Die Gewerkschaftsoberen sehen über solche Vorfälle hinweg und es wirkt so, als würden sie insgeheim sogar ihr Fußvolk dazu ermutigen solche Taten zu vollbringen.

Wir wurden deshalb auch ermahnt, den nötigen Respekt den Krankenschwestern zu erweisen, die trotz Lebensgefahr ins Krankenhaus kommen, um zu arbeiten. Daher kann ich es voll verstehen, dass die Krankenschwestern kurz vor 4 Uhr nachts zwangsweise das Krankenhaus verlassen, um rechtzeitig das umliegende Gelände zu verlassen, bzw. nicht in der Nachbarschaft aufzufallen, dass man arbeitet.

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